Freitag, 27. Mai 2016

Kompromisslos

Glaubt man denen unter uns, die schon etwas mehr Lebenserfahrung besitzen, besteht das Leben nur aus Kompromissen. Egal, ob in Freundschaften, Beziehungen oder im Beruf, oft bekommt man das, was man möchte nicht in Reinform, sondern muss sich damit abfinden, dass man es nur Schritt für Schritt und manchmal lediglich auf Umwegen erreichen kann.

Heute ist einer dieser Tage, an denen ich ziemlich dankbar bin, denn im Rückblick auf die Jahre, die ich in meinem Leben bislang bestritten habe ist mir aufgefallen, dass ich, zumindest was meine berufliche Zielbestimmung angeht, bislang noch keinen Kompromiss eingehen musste, sondern stets gefunden habe, was ich suchte.

In der Grundschule bereits hatte ich beschlossen, dass ich aufs Gymnasium gehen möchte. Als Klassenbeste war das nachher überhaupt kein Problem (muss ich an der Stelle mal erwähnen, war ich nachher nämlich nie mehr...).

Ich erinnere mich daran, dass meine Mutter als ich in der sechsten Klasse war, beim Eltensprechtag meinen Kunstlehrer aufgesucht hat, um sich mit ihm darüber zu unterhalten, dass ich Spaß daran habe, Dinge zu entwerfen (zu dem Zeitpunkt waren es vor allem Klamotten an einer Ankleidepuppe) und mit ihm zu dem Ergebnis kam, dass ich wohl eines Tages Designer werden würde. :o)

Als das Abitur dann vor der Tür stand und es darum ging, was ich studieren möchte, habe ich die Aufnahmeprüfung für den Studiengang Produktdesign gemacht und bestanden. Natürlich gab es einen Plan B und sogar einen Plan C, aber die musste ich beide nicht ziehen - keine Stelle im gehobenen Dienst beim Bayerischen Finanzamt, kein Studium im Fach Pharmazie in Greifswald (ich wollte mal ganz weit weg von zuhause sein :o) und auch keines in Architektur in Siegen. Ich studierte, genau wie ich es wollte, Produktdesign an der Kunsthochschule in der Universität Kassel. 

Schon während des Studiums absolvierte ich einige Praktika in verschiedenen produzierenden Betrieben, aber auch in einer Unternehmensberatung. Dort beschloss ich auch, den nächsten Schritt zu machen: ein ergänzendes BWL-Studium, um für die Industrie als Arbeitnehmer attraktiv zu werden. Und das allerdings bitte nicht wieder nur theoretisch in einem Hörsaal, sondern dual in Kooperation mit einer Firma, um endlich auch mal Berufserfahrung zu sammeln und mir meinen Unterhalt selbst zu verdienen. Dafür habe ich mich nur sehr gezielt beworben... Und was soll ich sagen, es hat geklappt und zwar genau dort, wo ich auch wirklich hinwollte. Also, habe ich ein zweites Mal studiert, Betriebswirtschaftslehre - ein Fach, von dem ich lange dachte, dass es nur diejenigen studieren, denen nichts besseres einfällt.

Nach drei Jahren Studium ging es darum, einen Job zu finden. Gerne wollte ich bei meinem Arbeitgeber bleiben und etwas machen, was zu meiner Arbeitsweise passt sowie mein Wissen um Design mit dem um die Betriebswirtschaft gut verbindet. Was soll ich sagen, diese Stelle habe ich gefunden und dreieindreiviertel Jahre besetzt. Als Business Process Consultant habe ich IT-Projekte geleitet, die Umsetzung von IT-Prozessen in IT-Lösungen erdacht und die Projektteams zusammengehalten. Ich mochte die Schnittstellenfunktion an diesem Job, die Zusammenarbeit mit vielen unterschiedlichen (internationalen) Fachbereichen, das Gezwungen sein, sich einen Überblick über die Zusammenhänge zu verschaffen und das Organisieren im Projekt.

Dass diese erste Stelle und ich uns trotzdem über die Zeit auseinandergelebt haben, dafür kann von uns beiden keiner etwas. :o) Ich bin eben mit gutem Grund Designer: ich mag die schönen Dinge im Leben - die, die man anfassen kann und die man sich kauft, weil man sie haben möchte, nicht unbedingt weil man sie benötigt. Mit genau denen möchte ich mich beschäftigen, ein Auge darauf haben, wie sie aussehen, überlegen, wie ein Gesamtsortiment zusammengesetzt sein und was man tun muss, damit es die Kunden kaufen wollen. An dieser Stelle trifft sich dann nahtlos mein Wissen aus dem "Design-" mit dem aus dem "Betriebswirtschaftslehrestudium" und beide zusammen statten mich für solche Aufgaben richtig gut aus.

Die längere Suche nach der zweiten Stelle, in deren Verlauf ich zwischenzeitlich auch mal verzweifelt dachte, dass ich nicht das finden werde, was ich machen möchte, dass ich nochmal ganz unten auf der Karriereleiter anfangen müssen oder auf der ersten Stelle bis an mein Lebensende frustriert festsitzen werde, war nun auch erfolgreich und ich freue mich wahnsinnig darüber, denn es gibt nun wieder ein Ziel in meinem Berufsleben. Durchhalten lohnt sich.

Kompromisse, ja, die muss man dann wohl eingehen sobald man das Ziel festgelegt hat, sobald man weiß, wo es hingehen soll. Erst dann gibt es den Weg, den man dann eben doch nicht immer ganz gerade, sondern mit der ein oder anderen Kurve gehen, auf dem man der Situation Zugeständnisse machen kann und vielleicht auch muss.

Bei einem aber bin ich mir mittlerweile sicher, bei der Wahl des Zieles darf man keine Kompromisse eingehen, weder in Freundschaften, Beziehungen noch im Beruf, denn das macht auf Dauer unglücklich - mich wenigstens.

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