Freitag, 20. April 2018

Knochenjob

Es ist schon wieder spät, ganz schön spät, um jetzt und hier die jüngste Zeit zusammen zu fassen. In letzter Zeit verbringe ich meine Zeit mit Arbeit, Sport und Telefongesprächen - alles wichtig, alles ganz schön zeitintensiv.

Tschechien, zu diesem Land kann ich keine Meinung haben, denn ich war dort zu selten. Einmal um genau zu sein - in Karlsbad. Es war Winter, es hat geschneit, es war grauer Himmel. Karlsbad war schön anzuschauen, zuckerig, eine andere Welt. Das Tschechien drum herum hat mich ganz schön abgeschreckt: halb zerfallene, verlassene Häuser, viel Landschaft in der Landschaft und keine besonders gute Infrastruktur. Verwöhnter Wessie eben. 😊

Nun begab es sich, dass die Laufrunde, mit der ich regelmäßig meine Mittwochabende verbringe (zumindest versuche ich das), in diesem Jahr einen Ausflug in ebendieses Tschechien plante, um am Weinmarathon (Nein, Nein, nicht 42,2 km Heulen, sondern laufen - ganz normal 😉) der Partnerstadt zur Regenbogenstadt teilzunehmen. Zu diesem Ereignis waren nämlich sämtliche Partnerstädte der Tschechen eingeladen - aus Schweden, Belgien, Holland und Frankreich.

Die ganze Aktion startete am frühen Nachmittag des vergangenen Freitags und ich war ganz schön erstaunt, denn "in Tschechien ist man doch gleich, warum müssen wir da so früh losfahren?". Nun denn, es stellte sich heraus, dass man auch in Tschechien stundenlang Auto fahren muss, um bestimmte Städte zu erreichen. Da die Partnerstadt noch hinter Tschechiens Hauptstadt liegt, dauerte es eben ein paar Stunden, dort hinzukommen - und mit dem Bus und den 52 Mann (und Frau), die drin saßen, sogar noch ein paar Stunden mehr.

Am Freitagnachmittag mit dem Bus durch Prag zu fahren, erwies sich als grober Fehler (bis dahin war die Fahrt sehr zügig und störungsfrei verlaufen) - der Busfahrer wäre besser drum herum gefahren - fast zwei Stunden Warten im Stau waren die Folge. Die allgemeine Begrüßung mit Essen für alle Gäste im Rathaus der Partnerstadt hatten wir damit schon einmal verpasst. Abends um 20.00 Uhr kamen wir an (1h später als geplant) und checkten erst noch im Hotel ein bevor wir uns ins Rathaus aufmachten, um dort zur Einstimmung zu verspeisen, was die Läufer aus den anderen Partnerstädten vom Buffet übrig gelassen hatten. (Und wer weiß, wie Läufer über ein Buffet herfallen können, der kann sich vorstellen, wie groß die Auswahl noch war. 😉)

Im Anschluss machten sich zwei der Hungrigsten in die nächstgelegene Pizzeria auf, um ihren großen Hunger, den sie mit den Rathaus-Resten nicht hatten stillen können, mit einer großen Pizza dann doch noch in den Griff zu bekommen. Ich allerdings musste passen und schloss mich der Gruppe an, die den Rest des Abends in einer Bar nahe des Hotels zubrachte, um dort die verschiedenen Biersorten zu testen.



Das Hotelzimmer: nunja, ich würde es als "zweckdienlich" beschreiben. Es war sauber (die Spuren an der Duschwanne, die nach heruntergelaufenem Blut aussahen, ließen sich tatsächlich nicht entfernen, weshalb das wohl auch die Putzfrau nicht geschafft hatte), mal abgesehen von dem Erdnussflip, den ich zwischen Matratze und Bettrahmen eingeklemmt fand. Mit einem Zimmerservice durften wir nicht rechnen, das Bett machte man entweder selbst oder eben nicht - für einen gemacht wurde es in jedem Fall nicht. Es roch etwas seltsam, das Problem war aber in den Griff zu bekommen, indem man das Fenster kippte - dumm nur, dass vor dem Fenster der Güterbahnhof der Stadt lag.

Richtig furchtbar jedoch fand ich das Frühstück, das machte mir nämlich überhaupt keinen Spaß. In Osteuropa scheint es nicht üblich zu sein, zum Frühstück eine gewisse Vielfalt anzubieten. Es gab belegte Wurstbrote und Bockwürstchen in einem Warmhaltebehälter, darüber hinaus ein zuckriges Müsli, heißes Wasser, dünnen Kaffee und Milch (ich übertreibe vllt. etwas, ggf. habe ich noch ietwas nicht aufgezählt, aber sicher hab' ich nicht viel vergessen). Frisches Obst, Naturjoghurt, ein Körnerbrötchen oder derlei ausgefallene Dinge suchte ich leider ohne Ergebnis. 😊

Ich bin, was Unterkünfte angeht, sicher nicht zimperlich und ich kam und komme bislang immer zurecht, solange es in meinem Zimmer einigermaßen sauber war/ist. Vermutlich kann man für 27,50 EUR/Nacht, auch in Tschechien, nicht viel mehr erwarten als ein solches Zimmer und ein solches Frühstück, aber - ich bin ganz ehrlich - ich hätte sehr gerne auch deutlich mehr für das Hotel bezahlt, wenn Zimmer und Frühstück dadurch an Qualität gewonnen hätten. Für mich steht fest, dass ich lieber seltener wegfahre, wenn, dann aber zu solchen Gelegenheiten Unterkünfte buchen möchte, in denen Schlafen und Essen mir angenehm sind.

Der Lauf am Samstagmittag war einer zum Abschreiben - eine Premiere für mich, denn ich bin zwar keine schneller Läufer, aber war bislang wenigstens immer ein zuverlässiger, der gut durchkam und auf ein gleichmäßiges Tempo zurücksehen konnte. Auf die ersten 5km traf das auch diesmal zu. Bei bestem Sonnenscheinwetter lief ich diese in zügigem Tempo, das ich gerne gehalten hätte. Leider beschwerten sich danach mein Magen und mein Darm (vielleicht über die recht fettige Mahlzeit vom Vorabend, vielleicht über das Zuckermüsli vom Morgen, vielleicht auch über die heiße Schokolade 2h vor dem Lauf - ggf. auch über alles zusammen 😊) in recht regelmäßigen Abständen und ich hätte zum ersten Mal in meinem Leben auf einer Laufstrecke dringend eine Toilette gebraucht - es gab aber keine. Ich will an dieser Stelle gar nicht weiter ausführen, wie die anderen 6,5 km vonstatten gingen - lassen Sie sich aber gesagt sein: sie waren nicht so angenehm und meinen Pace konnte ich auch nicht halten. 😀

Am Samstagabend hatten wir einen Tisch (oder für 52 Leute ja eher: eine Tafel) in einem nahe gelegenen Restaurant reserviert. Es hieß, es serviere eine "gehobenere Küche". Ich war gespannt. Um dies gleich vorweg zu nehmen: das Essen war wirklich gut (ich bin also davon abgekommen zu denken, dass man in ganz Tschechien damit rechnen muss, tendenziell eher fettige und fleischlastige Nahrung zu bekommen, die darüber hinaus nicht schön angerichtet ist 😊), dumm war nur, dass zwei Schwierigkeiten aufeinander stießen: ein Restaurant, das bei einer Gesellschaft von 52 Mann eine ungenügend große Servicemannschaft parat hatte (man kann 52 Mann sicher auch mit 2 Mann bedienen. Wenn diese allerdings jeweils nur 2 Bierkrüge pro Gang von der Theke zum Tisch transportieren können, können Sie sich vorstellen, wie lange es braucht bis die ganze Mannschaft erst einmal Getränke hat. Gar nicht davon zu sprechen, wie sich das verhält, wenn angefangen wird, die Suppen, Vorspeisen, Salate, Hauptgerichte und Desserts hintereinander weg zu servieren, die unterschiedliche Leute auch noch in unterschiedlichen Kombinationen vorbestellt hatten. 😀) und eine Reisegruppe, die ihre Essen zwar vorbestellt, sich dann aber teilweise nicht gemerkt hatte, was sie denn jetzt genau aufgeschrieben hatte. So aßen Leute Dinge, die nicht für sie bestimmt waren, während andere gar nicht erst etwas bekamen. Einige taten dies durchaus laut kund (meist mit Erfolg, denn dann war die Servicemannschaft aufgeschreckt und brachte, was noch fehlte, nach), andere aber blieben leise und schimpften nur "nach Innen" und fanden, wen wundert's, dann eben kein Gehör (und demzufolge auch kein Essen). Für mich lief der Abend gut, mein Essen kam, wie bestellt (und ich wusste auch noch, was ich bestellt hatte 😉) während andere das Lokal nach beinahe zwei Stunden Wartezeit, mit immerhin einer Suppe im Bauch, wutentbrannt verließen, um sich im nahe gelegen Irish Pub mit Essen zu versorgen. In diesem Irish Pub verbrachte im Anschluss auch der Rest der Bande den Abend - mit Bier und Becherovka und, in meinem Fall, alkoholfreien Cocktails und Limonade. 😊

Am Sonntagmorgen fand ich auf dem Frühstücksbuffet nicht nur die Haare der Servicekraft (*schluck*), sondern immerhin auch Butterbrote mit gekochtem Ei, die mir, zusätzlich mit einer Scheibe Käse belegt, zum Frühstück taugten. 😊Um 9.00 Uhr bereits (also, eher zu "nachtschlafender Zeit" 😉) machten wir uns auf nach Kutna Hora, einem Ort, der nicht nur eine "Knochenkirche", sondern auch einen komplett UNESCO Weltkulturerbe geschützten Stadtkern hat. Ich kann Ihnen sagen, dass es schon etwas seltsam ist, in eine Kirche zu gehen, die nicht mit Lichtern und Gemälden, sondern mit Girlanden aus menschlichem Gebein geschmückt ist, aber es ist durchaus interessant und gibt als Fotomotiv so einiges her. Die Stadt an sich, mit ihrem guten Ausblick über die Böhmische Landschaft, machte bei schönem Wetter durchaus einen traumhaften Eindruck, doch auch hier fiel mir an den Ecken und Enden immer wieder der Verfall ins Auge, den ich mittlerweile als Grundkomponente der Erscheinung Tschechiens akzeptiert hatte. Wir verbrachten einen schönen Nachmittag bei Bombenwetter und brachen dann auf in eine Brauerei, deren Felsenkeller gleichzeitig auch unser Ziel für das Abendessen sein sollte.

























Das Essen dort war in Ordnung, konnte aber wirklich nicht mit dem vom Samstagabend mithalten. Dafür schien meinen Mitreisenden aber das Bier sehr gut zu schmecken 😉, so gut gleich, dass wir die restliche Heimfahrt bis in die Regenbogenstadt für gemeinsame Gesangseinlagen nutzen ("Auf der Reeperbahn nachts um halb eins..."). Pünktlich um 200.00 Uhr landete ich wieder auf dem Parkplatz vor dem Hallenbad. Den Boden habe ich nicht geküsst, Tschechien ist sicher eine Reise wert und ich werde gerne auch noch einmal hinfahren, dann aber werde ich selbst entscheiden, wo ich untergebracht sein möchte. 😊

Der Rest der Woche war vor allem eins: Arbeit. Warum auch immer ich denke, ich müsse vor dem Urlaub noch ganz viel weggeschafft kriegen (denn eig. komme ich halt wieder und dann geht's ja auch weiter und es stirbt keiner, wenn vor dem Urlaub nicht alles erledigt ist, aber iwie artet es dann doch immer wieder in langen Stunden Arbeit aus bei mir...), wahrscheinlich, weil ich weiß, dass ich nicht ruhig auf meinem Rennrad sitzen und durch die Landschaft fahren könnte, wenn ich wüsste, dass noch iein Punkt auf meiner Liste unerledigt geblieben wäre. Also bemühe ich mich, das weiterzugeben, von dem ich weiß, dass es noch weitergegeben werden muss und verbringe viele Stunden der Woche vor einem Urlaub an meinem Schreibtisch.

Urlaub?! werden Sie fragen. Ja, Urlaub. Triathlon-Traininglage auf Fuerteventura - wie schon im vergangenen Jahr. Morgen geht's los und ich freue mich unendlich. Stay tuned!

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